Grundlage der Idee der „Marburger Produktionsschule“ ist die Tatsache, dass zunehmend mehr lernschwache Jugendliche mit schlechtem Hauptschulabschluss bzw. ohne Schulabschluss in berufsvorbereitende Lehrgänge bzw. BVJ-Klassen kommen, dass aber die dort gegebenen pädagogischen Handlungsräume und Möglichkeiten oft nicht ausreichen, die Jugendlichen leistungsgerecht zu fördern.

Aus der seit Anfang 2000 bestehenden Zusammenarbeit zwischen Lehrern der Adolf-Reichwein-Schule und pädagogischen Mitarbeiterinnen von Arbeit und Bildung e.V., erwuchs das Projekt „Marburger Produktionsschule“. Als Vorbild dienten die dänischen Produktionsschulen, deren Modell an die Marburger Situation angepasst wurde. Hilfreich waren auch die bisherigen Erfahrungen anderer Produktionsschulen in Hessen (Dillenburg, Gießen).

In der Marburger Produktionsschule gehen wir neue Wege in der Vorbereitung und Qualifizierung von Jugendlichen im Übergang Schule / Beruf / Ausbildung. Noch nicht ausbildungsreife Jugendliche sollen in der „Marburger Produktionsschule“ unter den Bedingungen des realen Arbeitstages Fertigkeiten und Kenntnisse, Arbeitstugenden und Leistungsbereitschaft, Sozialverhalten und Verantwortungsbewusstsein lernen, um so den Anforderungen des Ausbildungs- und Beschäftigungssystems näher zu kommen. Ziel ist es, Produkte herzustellen, die andere benötigen und wertschätzen. Hieraus wächst die Motivation der Jugendlichen, sich mit den Inhalten auseinander zu setzen, sich zu qualifizieren und damit wieder neu zu lernen.

Teilnehmende der MPS beim Abladen einer Holzbank

Unter Einbeziehung der Berufsberatung des Marburger Arbeitsamtes, der Stadt Marburg, des Beirats der Stadt Marburg „Jugendhilfe-Schule“, des Staatlichen Schulamtes, des Sozialministeriums sowie des Kultusministeriums des Landes Hessen, konnte im Frühjahr 2000 mit dem Anmieten des Gebäudes der „Marburger Produktionsschule“ mit der konkreten Arbeit begonnen werden.

Der erste Jahrgang führte vorwiegend Renovierungs- und Umbauarbeiten in der Produktionsschule durch. Es wurde der Werkstatt- und Lagerbereich, die sanitären Anlagen, die Unterrichts- und Büroräume und die Küche in einen benutzbaren Zustand versetzt.

Die Teilnehmern und Teilnehmerinnen des zweiten Jahrgangs konnten im Herbst 2001 die Renovierungsarbeiten nahezu abschließen und den Werkstattbereich in eine Holz- und eine Metallwerkstatt einrichten. Nun konnte auch mit der Produktion begonnen werden.

Seitdem hat sowohl des Auftragsvolumen als auch die Produktvielfalt ständig zugenommen.

3 Teilnehmende der MPS mit einer Lehrkraft im Klassenraum während des Unterrichts

Die Jugendlichen aus der BVJ-EIBE-Klasse der Adolf-Reichwein-Schule und dem Berufsorientierungslehrgang von Arbeit und Bildung e.V. arbeiten in der „Marburger Produktionsschule“ unter der praktischen Anleitung eines Schreiners und vier Berufsschullehrern der Adolf-Reichwein-Schule aus den Fachrichtungen Holz und Metall.

In der Weiterentwicklung ihrer personalen und sozialen Kompetenzen werden die Jugendlichen von zwei Pädagoginnen von Arbeit und Bildung e.V. unterstützt und begleitet.

Zusätzlich besteht ein breit gefächertes allgemeinbildendes Angebot, welches in Form von Unterricht von den Lehrern und Pädagoginnen durchgeführt wird. Der theoretische Unterricht ist eng verzahnt mit der praktischen Projektarbeit. Durch diese Verknüpfung entsteht ein neues Lernverständnis und auch schulmüde Jungendliche erzielen erstaunliche Erfolge. Der überwiegende Teil der Jugendlichen ohne Schulabschluss nimmt die Möglichkeit wahr, den Hauptschulabschluss zum Ende eines Schuljahres / eines Berufsorientierungslehrgangs zu erwerben.

Als weitere Schritte in die Arbeitswelt absolvieren die Jugendlichen mehrwöchige Betriebspraktika, die intensiv begleitet und ausgewertet werden. Ebenso gibt es Hilfestellungen bei der Lehrstellensuche.